Befunde 2022

Das Berliner Monitoring trans- und homophobe Gewalt zielt auf eine verbesserte Erfassung und Dokumentation LSBTIQ*-feindlicher Gewalt, um die Stadtgesellschaft zu sensibilisieren und Betroffene zu stärken. Die vorliegende zweite Ausgabe gewährleistet einerseits die Aktualisierung und Fortschreibung der Berichterstattung auf der Grundlage amtlicher, insbesondere polizeilicher Daten. Andererseits wird mit einem Themenschwerpunkt zu transfeindlicher Gewalt das bisherige Themenspektrum erweitert, und die Perspektiven der Berliner Anti-Gewalt- und Opferhilfe-Akteure werden in die Darstellung integriert.

  • Die fortlaufende Auswertung der polizeilichen Statistik zu politisch motivierter Kriminalität und Gewalt gegen die sexuelle Orientierung und/oder geschlechtliche Identität wird in der vorliegenden Ausgabe aktualisiert und bis in das Jahr 2021 fortgeschrieben.
  • Sechs individuelle Einrichtungsprofile stellen die Perspektiven ausgewiesener Fachberatungs- und Dokumentationsstellen auf trans- und homophobe Gewalt in Berlin dar – auch statistische Informationen der Einrichtungen werden dokumentiert.
  • Der Schwerpunkt zu transfeindlicher Gewalt beruht auf einer standardisierten Online-Befragung von durch transfeindliche Gewalt betroffenen und bedrohten Personen und auf zahlreichen Einzelinterviews. Neben Personen aus Selbstorganisationen und Community-Einrichtungen wurden im Rahmen von biografisch angelegten Interviews zahlreiche trans* Personen über ihr Sicherheitsempfinden in der Stadt, ihre Erfahrungen mit transfeindlicher Gewalt sowie ihren Umgang mit Gewalt befragt.

Ergänzt wird der Themenschwerpunkt zu Transfeindlichkeit durch eine Reihe von Gastbeiträgen zu Fragen eines angemessenen Gewaltbegriffs, zur rechtlichen Situation von trans* Personen, zu Anforderungen an Trans-Verbündetenschaft sowie zur Evaluation der Unterstützungslandschaft für gewaltbetroffene trans Personen. Zudem umfasst der Themenschwerpunkt erstmalig eine Sonderauswertung von Daten des aktuellen LGBTI-Survey der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte spezifisch zu transfeindlicher Diskriminierung und Gewalt. Der Anhang des Monitorings bietet als zusätzlichen Service einen Überblick zu Berliner Adressen gegen trans- und homophobe Gewalt.

Trans- und homophobe Gewalt im Spiegel amtlicher Statistiken
Trans- und homophobe Gewalt im Blick zivilgesellschaftlicher Beratungs- und Opferhilfeeinrichtungen

SCHWERPUNKTTHEMA TRANSFEINDLICHE GEWALT

Biografische Erfahrung und Bewältigung von transfeindlicher Gewalt
Verbreitung und Dunkelfeld von transfeindlicher Gewalt in Berlin: Ergebnisse einer standardisierten Betroffenenbefragung
Transfeindlichkeit in Deutschland: Sonderauswertung der LGBTI-Erhebung der Europäischen Grundrechteagentur

Trans- und homophobe Gewalt im Spiegel amtlicher Statistiken

Die Anzahl polizeilich erfasster LSBTIQ*-feindlicher Straftaten steigt in Berlin weiter an. Die Modalitäten der Erfassung sind in den letzten Jahren zugleich genauer und differenzierter geworden.

  • Der kontinuierliche Anstieg polizeilich registrierter LSBTIQ*-feindlicher Straftaten in Berlin seit 2014 setzt sich fort. 2020 wurden 377, 2021 sogar 456 Taten erfasst.
  • Beleidigungen stellen weiterhin das am häufigsten angezeigte Delikt dar, wobei deren Anteil in den letzten Jahren zunahm.
  • Die Einstufung LSBTIQ*-feindlicher Taten als extremistische Kriminalität, die seit 2019 zu verzeichnen ist und 2021 den Großteil der Fälle betrifft, verweist auf einen Paradigmenwechsel innerhalb der polizeilichen Bewertung des Phänomens.
LSBTIQ-feindliche Taten werden insbesondere in Regionen mit sichtbarem und offenem queerem Leben angezeigt.
  • Die angezeigten trans- und homophoben Straftaten in Berlin weisen weiterhin geografische Schwerpunkte in LSBTIQ-Ausgeh- und Wohnvierteln auf.
  • In den Jahren 2019, 2020 und 2021 lässt sich ein Bedeutungsverlust von Tempelhof-Schöneberg als Tatort verzeichnen, während sich der Stellenwert von Neukölln zuletzt verfestigte.
  • In Bezug auf die Ortsteile finden sich Überschneidungen mit den besonders stark belasteten Bezirken, wobei in den Jahren 2020 und 2021 in den Ortsteilen Kreuzberg und Mitte die meisten Taten registriert wurden.
  • Besonders der Ortsteil Neukölln, aber auch Friedrichshain und Kreuzberg fallen mit hohen Anteilen von Körperverletzungen und gefährlichen Körperverletzungen auf.
  • Zeitlich parallel zu pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen lässt sich ab dem Jahr 2020 ein massiv erhöhter Anteil von Taten ohne direkten physischen Kontakt ausmachen (online, Telefon, Post). Es ist davon auszugehen, dass insbesondere der Stellenwert des digitalen Raums in dieser Zeit nochmals erheblich an Bedeutung gewonnen hat.

Die Zeitpunkte LSBTIQ-feindlicher Straftaten überschneiden sich mit dem Ausgehleben im öffentlichen Raum – im Frühling und Sommer, am Wochenende und in den Abendstunden.
  • Straftaten in den Themenfeldern sexuelle Orientierung und Geschlecht/sexuelle Identität werden mehrheitlich im Frühling und im Sommer angezeigt, in den Monaten von Mai bis August (46 % der Delikte).
  • Trans- und homophobe Straftaten werden anhaltend insbesondere an Wochenenden erfasst, wobei in den Jahren 2020 und 2021 ein deutlicher Rückgang von Fällen am Sonntag zu beobachten war.
  • Mehr als die Hälfte aller Vorfälle (51,4 %) findet in den Abend- und Nachstunden (18:00 bis vor 6:00 Uhr) statt, wobei pandemiebedingt in den Jahren 2020 und 2021 eine Verschiebung hin zu Mittags- und frühen Abendstunden (12:00 bis vor 18:00 Uhr) zu beobachten ist.
Die ermittelten Tatverdächtigen LSBTIQ-feindlicher Straftaten sind nahezu ausnahmslos männlich, häufig jung und auffällig oft bereits polizeilich bekannt – sie agieren ebenso allein wie aus Gruppen heraus.
  • In knapp der Hälfte aller Fälle (44,3 %) konnten im Gesamtzeitraum 2010 bis 2021 Tatverdächtige ermittelt werden. Diese sind ganz überwiegend männlich. Der Anteil männlicher Tatverdächtiger liegt zwischen 2010 und 2021 bei durchschnittlich 90 %.
  • Trans- und homophobe Vorfälle gehen auf Tatverdächtige aller Altersgruppen zurück, die Mehrheit der Tatverdächtigen ist aber jung. Der Anteil von unter 20-jährigen Tatverdächtigen hat in den letzten Jahren zugenommen und liegt 2019 bis 2021 deutlich über dem Durchschnitt des Gesamtzeitraums.
  • Drei Viertel der ermittelten Tatverdächtigen waren bereits im Vorfeld polizeilich bekannt (75,9 %).
  • Trans- und homophobe Straftaten werden mehrheitlich (56 %) von einzelnen Tatverdächtigen verübt. Gewaltdelikte werden in höherem Maße aus Gruppen heraus begangen, der Anteil von Fällen mit mehreren Tatverdächtigen ist hier deutlich höher.
  • Überwiegend wohnen die ermittelten Tatverdächtigen in den innerstädtischen Bezirken Mitte, Friedrichshain-Kreuzberg, Neukölln und Tempelhof-Schöneberg, die auch als Tatorte besonders auffällig sind.

Die meisten LSBTIQ-feindlichen Übergriffe treffen Personen, die allein unterwegs sind. Der Anteil geschädigter lesbischer, bisexueller und queerer Frauen steigt zuletzt in Richtung einer erhöhten Sichtbarkeit an, männliche Geschädigte sind in höherem Maße von Gewaltdelikten betroffen.
  • Der Anteil weiblicher Geschädigter von LSBTIQ-feindlicher Gewalt hat im Vergleich zu den Jahren vor 2019 deutlich zugenommen. Vermutlich schlagen sich in Form einer erhöhten Anzeigebereitschaft hier auch die Aktivitäten von Anti-Gewaltprojekten für lesbische, bisexuelle und queere Frauen sowie Bestrebungen zu einer erhöhten lesbischen Sichtbarkeit nieder.
  • Seit 2019 ist es möglich, den Geschlechtseintrag „divers“ im polizeilichen KPMD-PMK-System zu erfassen. Aufgrund ihrer derzeit noch geringen Anzahl sind statistische Aussagen zu diesen Fällen jedoch nicht belastbar.
  • Geschädigte von trans- und homophober Hasskriminalität wurden mehrheitlich zufällig ausgewählt, also bspw. ohne vorherige Bekanntschaft.
  • Fast drei Viertel der Übergriffe richten sich gegen eine einzelne Person (niedrigster Wert 2019: 64,5 % und höchster Wert 76,2 % 2017).
  • Der Anteil von Gewaltdelikten an LSBTIQ-feindlichen Straftraten ist bei männlichen* Geschädigten (37,7 %) gegenüber weiblichen* Geschädigten (29,8 %) deutlich erhöht.
  • Das durchschnittliche Alter der Geschädigten liegt mit 36 Jahren über dem der Tatverdächtigen. Die prozentual häufigste Altersgruppe stellt jene der 20- bis u. 30-Jährigen dar.
  • Seit 2020 wird in der polizeilichen Fallzuordnung zwischen den vorher zusammengefassten Unterthemen „Geschlecht/sexuelle Orientierung“ und „Geschlecht/sexuelle Identität“ unterschieden. Das ermöglicht zumindest in der Tendenz, transfeindliche Taten und Taten gegen die sexuelle Orientierung für die Jahre 2020 und 2021 zu vergleichen.
  • Die polizeilich erfassten Fälle bestätigen den Befund bisheriger Studien, dass transfeindliche Taten häufig besonders gewaltsam sind. Der Anteil von Gewaltdelikten liegt bei Fällen, die dem Unterthema „Geschlecht/sexuelle Identität“ zugeordnet sind, liegt mit 31,6 % zehn Prozentpunkte über dem Anteil bei Fällen, die nur dem Unterthema „sexuelle Orientierung“ zugeordnet sind. Körperverletzungen und insbesondere schwere Körperverletzungen machen einen vergleichsweise deutlich höheren Anteil aus.

Seit Juli 2018 erfasst auch die Staatsanwaltschaft Berlin regelhaft Verfahren zu LSBTIQ-feindlichen Straftaten. Die Zahl dieser Verfahren wächst kontinuierlich, die Verfahrenserledigungen fallen sehr unterschiedlich aus. In Verfahren mit bekannten Tatverdächtigen wurde zu 15 % ein Strafbefehl beantragt und zu 13 % Anklage erhoben.
  • Seit Juli 2018 werden durch die Staatsanwaltschaft Verfahren zu LSBTIQ-feindlichen Straftaten über die „Unter-Nebenverfahrensklasse SSH – Straftat mit sexualorientierungsfeindlichem Hintergrund“ regelhaft im Rahmen des sogenannten MESTA-Systems statistisch erfasst.
  • Die Zahl der jährlich erfassten Verfahren stieg seit 2018 kontinuierlich an. Insgesamt fielen bis einschließlich 2021 1.883 Verfahren an, davon 646 im Jahr 2021.
  • Bei einem Großteil der Verfahren geht es um Beleidigungen, aber auch Körperverletzungen, schwere Körperverletzungen und Bedrohungen sind in erheblichem Maße vertreten.
  • Sowohl die Beschuldigten (82 %) als auch die Geschädigten (74 %) sind in den erfassten Verfahren sehr überwiegend männlich.
  • Verfahren, bei denen keine Tatverdächtigen ermittelt werden konnten, wurden sehr überwiegend eingestellt. Verfahren, in denen Tatverdächtige bekannt waren, wurden zu 40 % eingestellt und zu 17 % innerhalb der Staatsanwaltschaft oder an andere Behörden abgegeben. In 15 % dieser Verfahren wurde ein Strafbefehl beantragt, 13 % wurden mit einem anderen Verfahren verbunden und in 13 % wurde durch die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben.
Trans- und homophobe Gewalt im Blick zivilgesellschaftlicher Beratungs- und Opferhilfeeinrichtungen

Die Beratungs- und Dokumentationsstellen arbeiten mit einem weiten Gewaltbegriff und beobachten neben körperlichen Angriffen auch ein Spektrum anderer Erscheinungsformen von Gewalt. Der Blick auf das Thema setzt sich zudem zusammen aus Eindrücken, die sich aus Einzelfällen speisen: Jeder LSBTIQ*-feindliche Vorfall steht für sich, geschieht in subjektiven Kontexten. Das Dunkelfeld wird als anhaltend groß eingeschätzt, im Kontext des Pandemiegeschehens zeichnen sich auch qualitative Veränderungen und Verlagerungen des Gewaltgeschehens ab.

  • Das Gewaltverständnis der Träger und Projekte unterscheidet sich nicht nur von der polizeilichen Kategorisierung, auch zwischen den Trägern bestehen Unterschiede.
  • Alle Projekte arbeiten mit einem erweiterten Gewaltbegriff und beziehen neben interpersoneller körperlicher Gewalt ebenso andere Phänomene ein, darunter Formen von verbaler, psychischer, symbolischer und struktureller Gewalt, mit denen LSBTIQ*-Personen konfrontiert sind.
  • Es besteht großes Einvernehmen zwischen den Einrichtungen, dass ungeachtet ihrer Aktivitäten weiterhin ein erhebliches Dunkelfeld LSBTIQ*-feindlicher Gewalt vorliegt.
  • Die Projekte nehmen aktuelle Entwicklungen wahr, die oftmals im Zusammenhang mit dem Pandemiegeschehen stehen.
  • Die Anzahl der Taten im öffentlichen Stadtraum – etwa in Ausgeh-Kontexten oder im Zusammenhang mit Veranstaltungen mit LSBTIQ*-Bezug entwickelten sich zuletzt teilweise rückläufig. Übergriffe finden verstärkt in virtuellen Räumen statt, und auch in familiären und häuslichen Kontexten wird ein gestiegener Druck festgestellt.
  • Mehrere Projekte erfassen eine gestiegene Anzahl von transfeindlichen Taten, was auch auf transfeindliche Argumentationsmuster in der gesellschaftlichen Debatte um die Abschaffung des Transsexuellengesetzes zurückgeführt wird.
Die zivilgesellschaftlichen Akteure haben ausnahmslos eigene Verfahren zur Dokumentation LSBTIQ-feindlicher Übergriffe entwickelt – auch neben der vorrangigen Aufgabe der Beratung und Unterstützung. Diese Verfahren unterscheiden sich derzeit erheblich, weshalb sich im Blick auf eine Zusammenführung Abstimmungsbedarfe ergeben.
  • Die Einrichtungen arbeiten mit unterschiedlichen Verfahren der Erfassung, Dokumentation und Auswertung von Daten zu Gewaltvorfällen gegen LSBTIQ-Personen.
  • Einrichtungen, die als Anti-Gewalt-Projekte einen Arbeitsschwerpunkt in der Beratung und Unterstützung von Betroffenen haben, erfassen und dokumentieren Vorfälle im Rahmen ihrer Beratungsarbeit. Zusätzlich bieten sie weitere Wege der Erfassung und Dokumentation an, z.B. im Rahmen der aufsuchenden Vor-Ort-Arbeit, über an Treffpunkten ausliegende Erfassungsbögen, über Telefonhotlines oder Online-Fragebögen.
  • Die Berliner Registerstellen fokussieren sich ganz auf die Erfassung von Vorfällen und setzen neben der Entgegennahme von Meldungen von Betroffenen und Zeuginnen auch eigene Recherchen von Taten etwa in den Medien oder anderen Teilen der Öffentlichkeit um.
  • Alle Einrichtungen nutzen jeweils selbst erstellte Erfassungsbögen, die Rahmendaten zu Vorfällen erfassen. Dabei werden verschiedene Schwerpunkte gesetzt, und die Kategorien sind so unterschiedlich, dass eine Zusammenführung und aggregierte Analyse der Daten aktuell erschwert sind.
  • Neue Perspektiven für eine einheitliche Erfassung von Gewaltvorfällen ergeben sich mit der Berliner Antidiskriminierungs-App (AnDi-App), über die Vorfälle von Diskriminierung direkt gemeldet und passende Beratungs- und Hilfsangebote einfach gefunden werden können.
Die Projekte leisten neben ihrer Beratungs- und Unterstützungsarbeit auch einen erheblichen Beitrag, um in der Stadtgesellschaft Aufmerksamkeit für das Problem LSBTIQ-feindlicher Gewalt zu schaffen.
  • Die Projekte schaffen Aufmerksamkeit für LSBTIQ-feindliche Gewalt in Medien, Öffentlichkeit und Stadtgesellschaft. Während einige Träger und Projekte die Daten insbesondere für ihre Tätigkeitsberichte verwenden, publizieren andere Auswertungen im Rahmen von Pressemitteilungen oder öffentlicher Reports.
  • Derzeit ist es eine offene Frage, ob und wie zivilgesellschaftliche Einrichtungen zukünftig anonymisierte Daten mit den Strafverfolgungsbehörden austauschen können. Ein routinemäßiger Austausch hat in der Vergangenheit eine Koordination bei der Fallerfassung sowie bei der Planung von Präventionsaktivitäten ermöglicht. Diese Praxis ist momentan auf Grund datenschutzrechtlicher Aspekte in Frage gestellt.
Die Träger und Projekte unterstützen das Vorhaben eines Ausbaus der zivilgesellschaftlichen Dokumentation von LSBTIQ-feindlicher Gewalt und sehen entsprechende Bedarfe. Für weitergehende Schritte sind neben personellen Ressourcen auch entsprechende fachliche Kompetenzen erforderlich.
  • Alle Träger und Projekte sehen Potenziale und Bedarfe, ihre Gewalterfassungs- und Dokumentationsarbeit auszubauen und zu vertiefen. Neben personellen Ressourcen für die Aufnahme und Auswertung von Fallmeldungen bedürfe es auch zusätzlicher Kompetenzen, etwa um die Erhebung, statistische Analyse und Visualisierung von Daten zu verbessern.
  • Insbesondere für die Anti-Gewalt-Projekte ist es auf Grund der umfänglichen Aufgaben in der Beratung, Opferhilfe und Gewaltprävention nicht leicht, die Erfassung und Dokumentation so zu priorisieren, wie es nötig wäre, um die zivilgesellschaftliche Säule in der Berichterstattung über LSBTIQ*-feindliche Gewalt weiter zu stärken und die polizeilichen Lagebilder optimal zu ergänzen.
  • Eine stärkere Koordination und Kooperation unter den Berliner Trägern und Projekten könnten zukünftig dabei helfen, die Potenziale der zivilgesellschaftlichen Dokumentation besser zu heben, Aufgaben zu verteilen und Kompetenzen zu bündeln.
SCHWERPUNKTTHEMA TRANSFEINDLICHE GEWALT

Der Themenschwerpunkt berichtet über Erfahrungen und Folgen der Gewalterfahrung von trans* Personen sowie über Formen des Umgangs und der Bewältigung. Im Spektrum von LSBTIQ-Personen sind trans Personen in nochmals erhöhtem Maße von Gewalt betroffen. Trans* Personen erfahren Gewalt zudem in spezifischer Form und in besonders vielen Kontexten und Situationen. Der Schwerpunkt nähert sich dem für die Betroffenen allgegenwärtigen Phänomen über verschiedene Zugänge. Auf Grundlage von insgesamt 19 qualitativen Interviews mit Expertinnen und Betroffenen aus Berlin werden individuelle und biografische Erfahrungen dokumentiert. Eine standardisierte Betroffenenbefragungen mit 141 Teilnehmenden informiert über Formen und Verbreitung von transfeindlicher Gewalt in Berlin. Eine Sonderauswertung des LGBTI-Surveys der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte mit insgesamt 137.508 Teilnehmenden, davon 16.119 aus Deutschland, davon wiederum 2.815 trans Personen aus Deutschland, eröffnet Perspektiven des internationalen Vergleichs und verortet die Gewalterfahrung von trans* Personen vergleichend im LSBTIQ*-Spektrum. Zudem thematisieren insgesamt vier Gastbeiträge in kompakter Form übergreifende Aspekte transfeindlicher Gewalt.

Biografische Erfahrung und Bewältigung von transfeindlicher Gewalt

Erfahrungen transfeindlicher Gewalt
  • Transfeindliche Gewalt ist mit einem engen Gewaltbegriff kaum angemessen zu fassen. Neben körperlichen und verbalen Gewalttaten kommt auch symbolischer und normativer Gewalt eine große Bedeutung zu, im Sinne einer Abwertung oder Nicht-Anerkennung der geschlechtlichen Identität.
  • Die Betroffenen beschreiben Gewalt und Diskriminierung zumeist als allgegenwärtigen, integralen Bestandteil des Transseins. Transfeindliche Gewalt ist allgegenwärtig und normalisiert. Betroffene sind anhaltend genötigt, sich mit transfeindlicher Gewalt auseinanderzusetzen. Die Interviewten beschreiben das in großer Übereinstimmung als außerordentlich anstrengend und belastend.
  • Trans* männliche Personen berichten, dass misogyne Übergriffe abnehmen, je eher sie als männlich gelesen werden, es dann aber teils mehr Übergriffe mit homophober Komponente gebe.
  • Trans* weiblichen Personen wird durch die Interviewten ein deutlich höheres Maß an Gewaltbetroffenheit zugeschrieben, weil sie oft besonders sichtbar als trans* zu identifizieren sind. Ebenso erleben nichtbinäre Personen gerade dann, wenn sie schlecht in binäre Geschlechterbilder einzuordnen sind, besonders häufig Gewalt.
  • Von Mehrfachdiskriminierung Betroffene erleben besonders häufig Gewalt. Thematisiert werden die fast omnipräsente Verschränkung von Sexismus und Transfeindlichkeit, die besondere Gewalterfahrung von Menschen, die von Transfeindlichkeit und Rassismus betroffen sind, und die Zusammenhänge von Klassismus und Transfeindlichkeit. In letzterem Fall bedingen sich beide Merkmale oft gegenseitig, wenn etwa trans* Personen aufgrund von Ausschlüssen in Bildung und Berufsleben in prekären sozialen Bedingungen leben.
Orte und Kontexte transfeindlicher Gewalt
  • Der öffentliche Raum wird durch viele Interviewte als Ort permanenter Bedrohung wahrgenommen. Das bezieht sich insbesondere auf das Straßenland, den öffentlichen Nahverkehr und das Umfeld von Bahnhöfen/Haltestellen sowie rund um Ausgehorte.
  • Öffentliche Verkehrsmittel nehmen als Bedrohungskontext einen besonderen Raum ein. Ausschlaggebend sind Aspekte wie die relative körperliche Nähe, die Flüchtigkeit der dort stattfindenden Begegnungen, die räumlichen Begebenheiten und der Mangel an Fluchtwegen.
  • Die eigene Wohnung bzw. das eigene Zuhause ist als Schutz- und Rückzugsraum besonders wichtig. Kommt es zu einer konkreten Bedrohung bzw. zu einem gewaltvollen Übergriff zu Hause, wird das oft als sehr belastend empfunden.
  • Transfeindliche Gewalt in Beziehungen spielt insbesondere im Kontext des Coming-outs als trans* eine Rolle. Vor dem Hintergrund einer geteilten Wohnsituation stehen Betroffene dann vor der Herausforderung, keinen eigenen Schutzraum zu haben, in den sie sich zurückziehen können.
  • Viele Interviewte berichten von transfeindlicher Gewalt in der Herkunftsfamilie. Zahlreiche Betroffene beschreiben, dass die familiäre Ablehnung ihrer Transidentität für sie auch langfristig und ebenso nach einer ggf. erfolgten Trennung von der Herkunftsfamilie tiefgreifende Auswirkungen habe.
  • Eine oft fehlende Sensibilisierung und Professionalisierung zum Thema Transgeschlechtlichkeit im Gesundheitssystem führt vielfach zu Gewalterfahrungen, etwa wenn medizinische Hilfe verwehrt wird, Betroffene anhaltend misgendert werden oder Transgeschlechtlichkeit durch Psychotherapeutinnen pathologisiert wird.
  • Der Polizei wird durch die Betroffenen oft eine fehlende Sensibilisierung und Professionalisierung zugeschrieben, woraus beispielsweise bei Personenkontrollen gewaltsame Situationen entstehen können.
  • Erfahrungen mit transfeindlicher Gewalt im Kontakt mit Behörden werden häufig berichtet und führen oft zu einem besonderen Gefühl des Ausgeliefert-Seins gegenüber einem Staat, der nicht ausreichend schützt und unterstützt.
  • Gewalterfahrungen im beruflichen Kontext werden in den Interviews vergleichsweise selten berichtet. Aus den komplexen Herausforderungen, mit denen sich trans Personen in ihrem Alltag konfrontiert sehen, entstehen jedoch Nachteile für ihre Erwerbsbiografien. In der Konsequenz sind trans* Personen stärker von prekären Lebensumständen betroffen.

Formen transfeindlicher Gewalt
  • Transfeindliche Beleidigungen, Bedrohungen und gezielte Einschüchterungen werden sehr häufig beschrieben. Die Interviewten verstehen diese Angriffe als Sanktionierung transgeschlechtlicher Abweichungen von einer hegemonialen binären Geschlechterordnung. Oft sehen sich Täter/Täterinnen als legitime Verteidigerinnen dieser Ordnung und fühlen sich sicher oder im Recht.
  • Auch von körperlichen Übergriffen wird in den Interviews mehrfach berichtet, auffällig oft in öffentlichen Verkehrsmitteln. Gleichfalls werden Verfolgungen und Stalking angeführt.
  • Die Interviewten schildern zudem mehrfach Fälle sexualisierter Gewalt – überwiegend im öffentlichen Raum auf der Straße oder auch in öffentlichen Verkehrsmitteln. Bei Tätern/Täterinnen scheint eine allgemeine Sexualisierung von Transgeschlechtlichkeit bzw. eine sexualisierte Wahrnehmung von trans Personen verbreitet zu sein, die zur Folge hat, dass die Hemmschwelle zu sexualisierten Übergriffen bei Tätern/Täterinnen sinkt.
  • Viele der interviewten trans Personen geben an, regelmäßig von Misgendering – also einer falschen geschlechtlichen Adressierung – betroffen zu sein.

Umgang mit transfeindlicher Gewalt
  • Für den Umgang mit transfeindlicher Gewalt spielen Strategien der Selbstbehauptung, der Selbstermächtigung und des Aktivismus eine zentrale Rolle. Viele Interviewte engagieren sich politisch und sozial (oft, aber nicht ausschließlich für Belange von trans* Menschen), andere beschreiben, wie sie Grenzen setzen, einige trainieren Kampfsport und Selbstverteidigung.
  • Eine weitere Form des Umgangs besteht darin, transfeindliche Gewalt sichtbar zu machen, etwa über Anzeigen bei der Polizei, Meldung bei einer zivilgesellschaftlichen Meldestelle oder Veröffentlichung beispielsweise in sozialen Medien.
  • Viele Interviewpersonen beschreiben, dass sie je nach Situation und Kontext überlegen, wie sichtbar sie sich als trans* zu erkennen geben, also etwa im öffentlichen Raum bestimmte Kleidung tragen. Das bedeutet auch, dass Betroffene abwägen zwischen dem Bedürfnis, als sie selbst sichtbar zu sein einerseits und dem Risiko von Gewalt andererseits.
  • Viele Befragte meiden zudem bestimmte Räume. Beispiele sind der öffentliche Nahverkehr (insbesondere in den Abend- und Nachtstunden), das Umfeld von Bahnhöfen und Haltestellen, dunkle Straßen, Ausgehorte ohne klaren LSBTIQ-Bezug sowie bestimmte Bezirke. Welche Bezirke das sind, ist individuell unterschiedlich. Besonders oft werden Neukölln, Wedding, Marzahn und Friedrichshain-Kreuzberg benannt.
  • Viele Befragte berichten von Gegenwehr angesichts konkreter Übergriffe. Dabei geht es auch darum, den Tätern/Täterinnen nicht das Feld zu überlassen. Gleichzeitig befürchten viele Betroffene, dass Gegenwehr zu einer weiteren Eskalation führt.
  • Die Befragten berichten nur von sehr wenigen Situationen, in denen Umstehende eingegriffen haben. Das Nicht-Eingreifen wird als besonders belastend beschrieben, Situationen, in denen Passantinnen eingegriffen haben, werden hingegen als besonders positiv hervorgehoben.
  • Unterstützung bei transfeindlicher Gewalt
  • Unterstützung ist eine Ressourcenfrage – einerseits für diejenigen, die Unterstützung leisten, andererseits für von Gewalt Betroffene, die Unterstützung aktiv einholen müssen. Diese Ressourcen sind angesichts der Daueranspannung, unter der trans Personen oft stehen, häufig knapp.
  • Das persönliche Umfeld und eine individuell unterschiedlich gefasste „Community“ sind für die meisten Interviewten erste Anlaufstellen. Viele beschreiben, dass sie sich aktiv ein unterstützendes Umfeld geschaffen haben.
  • Beratungsstellen spielen in den Interviews ebenfalls eine wichtige Rolle. Gewalt ist dabei meist nicht der Beratungsanlass, sondern wird erst im Beratungsverlauf thematisiert. Es gibt in Berlin wenige transspezifische Beratungsangebote und keine ausschließlich auf die Zielgruppe von trans* Personen spezialisierte Anti-Gewalt-Beratung.
  • Kontakte mit den Ansprechpersonen für LSBTIQ* bei der Polizei Berlin werden – anders als Kontakte mit der Polizei allgemein – ebenfalls zumeist als unterstützend beschrieben.
  • Auch im Gesundheitswesen und in der Justiz werden bestärkende Erfahrungen jeweils dann berichtet, wenn Ärztinnen, Therapeutinnen, Anwältinnen und Richterinnen für Fragen von Transgeschlechtlichkeit sensibilisiert und professionalisiert waren.
  • Die Interviewten beschreiben die Infrastruktur und Angebote für trans* Personen in Berlin als im innerdeutschen Vergleich verhältnismäßig gut, sehen aber Bedarf an Ausbau und Weiterentwicklung.

Verbreitung und Dunkelfeld von transfeindlicher Gewalt in Berlin: Ergebnisse einer standardisierten Betroffenenbefragung

Transfeindlichkeit und Gewalt sind auch in der Regenbogenstadt Berlin für trans* Personen nahezu ausnahmslos Alltagserfahrung. Transfeindliche Gewalt beschäftigt die Einzelpersonen und die Communities daher in hohem Maße, sie wirkt sich sehr unmittelbar und direkt in Form einer eingeschränkten Bewegungsfreiheit und eines begrenzten Sicherheitsgefühls aus.
  • Transfeindlichkeit ist eine Alltagserfahrung: Fast alle Befragten haben in unterschiedlichen Bereichen Gewalt und Diskriminierung erlebt.
  • Fast immer geht transfeindliche Gewalt mit Abwertung aufgrund anderer Merkmale – insbesondere mit geschlechts- und genderbezogener Gewalt – einher.
  • Transfeindliche Gewalt ist ein Thema, dass (potenziell) Betroffene stark beschäftigt.
  • Trans* Personen fühlen sich in Berlin zu großen Teilen nicht oder nur eingeschränkt sicher.
  • Die meisten Befragten bewegen sich in Berlin entsprechend nicht frei und unbesorgt, sondern treffen regelmäßig Vorsichtsmaßnahmen.

Allein im zurückliegenden Jahr ist die Hälfte der befragten trans* Personen von Gewalt betroffen gewesen, für die letzten fünf Jahren haben zwei Drittel entsprechende Erfahrungen berichtet. Die äußerliche Erkennbarkeit als trans* geht dabei mit einer stark erhöhten Vulnerabilität einher. Trans* Personen erfahren in besonderem Maße nicht nur den öffentlichen Raum als gewaltsam, sondern auch öffentliche Einrichtungen wie Behörden oder Ämter.
  • Zwei Drittel der befragten trans* Personen (66 %) haben in den letzten fünf Jahren Gewalterfahrungen gemacht, fast die Hälfte (48,2 %) im letzten Jahr.
  • Menschen, die äußerlich als trans* erkennbar sind, erleben ungleich viel häufiger Gewalt.
  • Verbale und symbolische Formen der Gewalt werden am häufigsten berichtet.
  • Öffentliche Orte wie das öffentliche Straßenland oder öffentliche Verkehrsmittel, an denen es regelmäßig zu flüchtigen Begegnungen unter Unbekannten kommt, sind für trans* Personen in besonderem Maße von Unsicherheit geprägt.
  • Gesundheitseinrichtungen, Freizeiteinrichtungen sowie Behörden und Ämter sind ebenfalls Orte, die von mehr als der Hälfte der Befragten als Tatorte von Diskriminierung und Gewalt angegeben werden.
  • 61,7 % der Befragten gaben an, in sozialen Medien mehr oder minder häufig von Übergriffen betroffen gewesen zu sein – 10,6 % sehr oft, weitere 6,4 % oft.

In der großen Mehrheit der Fälle wird der transfeindliche Hintergrund von Übergriffen sehr offen geäußert, etwa durch entsprechende Schimpfwörter oder Beleidigungen. Zeuginnen und Umstehende leisten den Betroffenen allerdings nur in den seltensten Fällen Hilfe oder Unterstützung.
  • Transfeindliche Übergriffe werden überwiegend durch den Betroffenen zuvor unbekannte männliche Einzelpersonen verübt.
  • Auf die transphobe Motivation der Täter/Täterinnen schließen die Betroffenen am häufigsten, weil sie selbst klar als trans* erkennbar waren (75,3 %), oder weil die Täter/Täterinnen transfeindliche Beleidigungen oder Schimpfwörter äußerten (74,2 %).
  • Die Hälfte der Befragten gab an, dass bei dem erlebten Vorfall neben Transfeindlichkeit noch weitere gruppenbezogene Motive eine Rolle gespielt hätten. Am häufigsten habe es sich dabei um Sexismus oder Homophobie gehandelt.
  • Obwohl bei fast zwei Dritteln (61,3 %) der berichteten Gewaltvorfälle unbeteiligte Personen zugegen waren, haben die Betroffenen nur in wenigen Fällen (7 %) Hilfe oder Solidarität durch Passantinnen erfahren.

Freundeskreise, Partnerinnen und Communities leisten in erheblichem Maße die zur Bewältigung von Gewalterfahrungen erforderliche Care-Arbeit. Allerdings haben sich die befragten trans Personen zudem in nicht unerheblichem Maße mit einer Anzeige an die Berliner Polizei gewendet. Neben den LSBTIQ-Ansprechpersonen der Polizei sind vor allem die zivilgesellschaftlichen Beratungsstellen weithin bekannt und werden von Betroffenen genutzt.
  • Die Mehrheit der Betroffenen spricht in ihrem näheren sozialen Umfeld über Erfahrungen mit transfeindlicher Gewalt, die meisten im Kreis von Freundinnen (76,3 %) oder mit einerm Partnerin (41,9 %).
  • 13 % der von Vorfällen betroffenen Befragten erstatteten polizeiliche Anzeige.
  • Die Erfahrungen mit der Strafanzeige sind durchwachsen. Die Hälfte der Befragten gab an, die Polizei habe den transfeindlichen Hintergrund der Tat verstanden, 41,7 % führten an, die Anzeigenerstattung im Nachhinein als sinnvoll empfunden zu haben.
  • Knapp die Hälfte der Befragten (47,5 %) gab an, die LSBTIQ-Ansprechpersonen der Polizei Berlin zu kennen.
  • Communitynahe Beratungseinrichtungen sind vielen der Betroffenen bekannt, insbesondere die Projekte QueerLeben (76,4 %), Sonntagsclub (65,2 %), TrIQ (60,3 %) und LesMigraS (55,3 %). Ungefähr ein Viertel der Betroffenen (23,7 %) hat schon einmal einen Vorfall bei einer Beratungsstelle gemeldet.
Transfeindlichkeit in Deutschland: Sonderauswertung der LGBTI-Erhebung der Europäischen Grundrechteagentur
Der LGBTI-Suvey der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte ist eine zentrale Quelle zur Einschätzung LSBTIQ-feindlicher Gewalt in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. An der letzten Erhebungswelle haben sich fast 3.000 trans* Personen aus Deutschland beteiligt. Trans* Personen aus Deutschland geben häufiger an, offen aufzutreten, sind allerdings keineswegs geringer von Gewalt betroffen als im EU-Durchschnitt. Sie sind zudem deutlich häufiger von Gewalt betroffen als LSBTIQ-Menschen im Durchschnitt.
  • Die in Deutschland befragten trans Personen berichten in ähnlichem Ausmaß über transfeindliche Diskriminierung, Belästigung und Gewalt wie die Befragten in der EU.
  • Mit 51,2 % liegt die Quote der trans* Personen, die sich ‚sehr offen‘ oder ‚ziemlich offen‘ als trans* Personen zeigen, deutlich höher als im EU-Durchschnitt (40 %).
  • 66,4 % der in Deutschland befragten trans* Personen gaben an, innerhalb des zurückliegenden Jahres Diskriminierung erfahren zu haben. 69,2 % von ihnen führten an, innerhalb der letzten fünf Jahre belästigt worden zu sein. 35,2 % hatten in den vergangenen fünf Jahren körperliche oder sexuelle Gewalt erlebt. Trans* Personen sind dabei auch im Vergleich mit anderen Teilgruppen des LSBTIQ-Spektrums überdurchschnittlich stark von Diskriminierung und Hass betroffen.
  • Bei der 5-Jahres-Prävalenz von körperlichen und sexuellen Angriffen gegen trans Personen zeigen sich im Teilgruppenvergleich nur geringfügige Unterschiede: Trans* Frauen sind zu 34,6 %, trans* Männer zu 32,6 % und nichtbinäre Personen zu 33,3 % betroffen. Nur die Teilgruppe der genderqueer, genderfluid, agender oder polygender identifizierten Befragten war mit 40,5 % noch stärker betroffen.
  • 86,9 % der identifizierten Täter/Täterinnen transfeindlicher Gewalt sind männlich. Sie treten beim Ausüben von Gewalt zu etwa gleichen Anteilen allein oder in Gruppen auf. Mehrheitlich (55,6 %) besteht kein Bekanntschaftsverhältnis zwischen Täter/Täterinnen und Opfer(n).
  • Tatorte körperlicher oder sexueller Angriffe auf trans* Personen liegen ganz überwiegend in der Öffentlichkeit, etwa im öffentlichen Straßenland, auf Plätzen oder in Parks oder an anderen öffentlichen Orten (48,0 %) oder in öffentlichen Verkehrsmitteln (18,7 %).
Viele befragte trans* Personen aus Deutschland nehmen in den letzten Jahren einen Anstieg transfeindlicher Gewalt wahr. Nur ein kleiner Teil zeigt Taten bei der Polizei an – mit steigendem Schweregrad erhöht sich allerdings auch die Anzeigequote. Im Erhebungszeitraum des Surveys im Jahr 2019 sieht die große Mehrheit der befragten trans* Personen in Deutschland keine wirksame Bekämpfung von LSBTIQ-Feindlichkeit durch öffentliche Einrichtungen.
  • Nur ein kleiner Anteil der Betroffenen meldet die transfeindlichen Vorfälle der Polizei oder anderen Institutionen – bei sexuellen oder körperlichen Angriffen waren es 19,5 %, bei Bedrohung 10,4 %, bei Diskriminierung 9,6 %.
  • 42,7 % der befragten trans Personen nehmen in den letzten fünf Jahren eine Zunahme transfeindlicher Gewalt wahr – nur ein kleiner Teil (15,9 %) sieht eine Abnahme solcher Vorfälle in Deutschland als gegeben an.
  • Drei Viertel der befragten trans* Personen (75,2 %) glauben nicht, dass die Regierung in Deutschland Vorurteile und Intoleranz gegenüber LSBTIQ*-Menschen wirksam bekämpfe.
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